Das Alte Schlossim Herzen Stuttgarts
Mehr als 1.000 Jahre Geschichte, Mythen und Legenden ranken sich um das Alte Schloss in Stuttgart. Es ist das Zentrum der Stadt. Über Epochen hinweg war das imposante Gebäude im Stuttgarter Tal weithin sichtbares Wahrzeichen einer selbstbewussten Herrschaft. Ein Ort der Geschichte, Wohnsitz der Mächtigen, Schutzburg und königliche Grablege, prunkvolles und berühmtes Prachtschloss der deutschen Renaissance, Opfer schwerer Kriegszerstörungen und nicht zuletzt wieder aufgebautes Kulturgut.
Die Geschichte des Alten Schlossesin 7 Etappen
Die Wasserburg am Stutengarten
Das Alte Schloss ist eines der ältesten Bauwerke Stuttgarts. Um 950 ließ Herzog Liudolf von Schwaben, ein Sohn Kaiser Ottos des Großen, an der Stelle, an der heute das Alte Schloss steht, eine Wasserburg anlegen. Sie sollte Schutz bieten für ein im Krieg gegen die Ungarn wichtiges Gestüt – also jenen "Stutengarten", der für die Stadt Stuttgart namensgebend wurde. Und auch das springende Pferd im Wappen der Stadt verweist auf diesen Ursprung. Mauerreste aus staufischer Zeit, die zu besonderen Anlässen in der sogenannten "Tonne 2" besichtigt werden können, erinnern auch heute noch an die Vergangenheit des Alten Schlosses als Wasserburg.
Residenz des Hauses Württemberg
Nach mehreren Besitzerwechseln kam die Burg in der Mitte des 13. Jahrhunderts über eine Heirat von den Markgrafen von Baden an die Grafen von Württemberg. Nachdem deren Stammburg und die Familiengrablege im Stift Beutelsbach 1311 zerstört worden waren, verlegte Graf Eberhard I. der Erlauchte (reg. 1279 – 1325) seine Residenz nach Stuttgart. 400 Jahre lang sollte das Alte Schloss nun die Hauptresidenz der württembergischen Herrscher bleiben.
Aus der Burg wird ein Schloss
Nach und nach wurde die Burg der neuen Funktion entsprechend umgebaut und vergrößert. 1325 entstand anstelle alter Gebäudeteile der Dürnitzbau, die "Hofstube" des engeren Gefolges. Die Bezeichnung „Dürnitz“ verweist darauf, dass die Räume beheizbar waren – ein großer Luxus in Burgen dieser Zeit. Zugleich wurde die nur wenige Schritte entfernte Stiftskirche zur Grablege des Hauses Württemberg. Hier ruhen die sterblichen Überreste der Grafen Eberhard I. der Erlauchte (gest. 1325) und Ulrich V. der Vielgeliebte (gest. 1480) sowie der Herzöge Friedrich I. (gest. 1608), Johann Friedrich (gest. 1628) und Eberhard III. (gest. 1674).
Der Höhepunkt der baulichen Maßnahmen war im 16. Jahrhundert erreicht. Um seinem Streben nach mehr herzoglicher Macht im Land und nach einer stärkeren Stellung Württembergs im Reich Ausdruck zu verleihen, ließ Herzog Christoph von Württemberg (reg. 1550–1568) die alte Burg zu einer repräsentativen, modernen Residenz umgestalten. Der Dürnitzbau erhielt Obergeschosse und drei Gebäudeflügel mit den charakteristischen drei großen Rundtürmen wurden angefügt. So entstand die Vierflügelanlage, die wir heute kennen. Der arkadengeschmückte Schlosshof gilt als einer der schönsten Innenhöfe der Renaissance. In einem Flügel des Schlosses wurde die Schlosskirche, der erste evangelische Kirchenraum in Württemberg, untergebracht und 1562 eingeweiht.
Nach außen hin behielt das Gebäude trotz der vielen Umbauten bis heute seinen mittelalterlichen Charakter. Besonderes Highlight für viele kleine und große staunende Besucher heute: Über eine Reitertreppe konnte man hoch zu Ross direkt zum Rittersaal – dem neuen Festsaal über der Dürnitz – gelangen! Heute führt sie Mitarbeiter und Besucher des Museums (bitte ohne Pferd!) vom Haupteingang rechts direkt zu den Schausammlungen "Wahre Schätze" im 1. OG und "Legendäre MeisterWerke" im 2. OG.
Das Alte Schloss auf dem Abstellgleis
Den Ansprüchen einer standesgemäßen Hofhaltung genügte das Schloss trotz der zahlreichen Baumaßnahmen irgendwann nicht mehr. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die Residenz ins Barockschloss Ludwigsburg verlagert. Und nachdem Herzog Carl Eugen (reg. 1744–1793) im Jahr 1746 das Neue Schloss in Auftrag gegeben hatte, war die Glanzzeit des Alten Schlosses endgültig vorüber. Es sank zu einem Nebengebäude der Hofhaltung herab, in dem unter anderem (in der Schlosskirche) die Hofapotheke und Wohnungen verschiedener Hofbeamter untergebracht waren. Später entging das Gebäude sogar nur knapp dem Abbruch, da es so gar nicht dem damaligen Zeitgeist entsprach und, wie Goethe 1797 scharfzüngig bemerkte, „kaum zu einer Theaterdekoration gut war“.
Erst im Zeitalter des Historismus erwachte das Interesse am Alten Schloss neu. König Karl (reg. 1864 - 1891) ließ von Alexander von Tritschler die Schlosskirche wiederherstellen und für sich und seine Gemahlin, die russische Zarentochter Olga, unter der Kirche eine Gruft einrichten.
Das Schloss als Ausstellungsraum
Am Ende des 19. Jahrhunderts setzte die museale Nutzung des Alten Schlosses ein: Seit 1899 waren im Dürnitzbau das Württembergische Armeemuseum und die Familiengalerie des königlichen Hauses untergebracht. Ab 1930 wurden Teile der bis dahin in der Landesbibliothek aufgestellten Altertümersammlung in den Arkadenflügeln präsentiert.
Zwei verheerende Brände in nur 13 Jahren
Am 21. Dezember 1931 ereignete sich die bis dahin größte Katastrophe in der Geschichte des Alten Schlosses: Ein ausufernder Kaminbrand zerstörte weitgehend den Dürnitzbau mit beiden Türmen. Und damit nicht genug: Der durch Spenden finanzierte Wiederaufbau war noch nicht beendet, als 1944 ein Bombenangriff erneut verheerende Schäden anrichtete. Zwei Drittel des Arkadenhofs wurden dabei zerstört.
Nach dem Krieg konnten (1947 -1971) Arkadenhof und Dürnitzbau von Paul Schmitthenner in Anlehnung an ihre ursprüngliche Architektur wieder aufgebaut werden. Dieser zweite Wiederaufbau sollte – wie schon der vorangegangene – keine historisch getreue Wiederherstellung des Gebäudes sein, sondern ein Neubau für das Württembergische Landesmuseum. Dieses war 1947 aus der Altertümersammlung und dem Schlossmuseum hervorgegangen.
Heute entspricht das Gebäude in seiner äußeren Form weitgehend dem einstigen Residenzschloss der Reformationszeit. Erhalten blieb bei allen Umbauten der charakteristische Umriss des Gebäudes und der Schlosshof, so dass das Alte Schloss letztlich noch immer wirkt wie zu Zeiten Herzog Christophs in der Renaissance: von außen fest und von innen – dank des Hofes – festlich.
Das Alte Schloss heute
Das Alte Schloss war vierhundert Jahre lang die Residenz der Grafen und Herzöge von Württemberg und damit das Machtzentrum des Landes Württemberg. Im Innenhof befindet sich heute ein Reiterdenkmal von Ludwig von Hofer aus dem Jahr 1859, das „Eberhard im Bart“, den ersten Herzog von Württemberg (reg. 1459 – 1496) zeigt. Die charakteristischen Teile des komplexen Gebäudes sind der gotische Dürnitzbau mit der großen Halle im Erdgeschoß (heute die Eingangshalle des Museums) und der Arkadenhof. Er ist es, der das Alte Schloss zu einem der bedeutendsten Renaissancebauten in Süddeutschland macht.
In der historischen Hülle agiert heute ein modernes Museum: das größte kulturgeschichtliche Museum des Landes Baden-Württemberg mit Kunstwerken von der Steinzeit bis in die Gegenwart und spannenden Geschichten aus mehr als 250.000 Jahren.
Königliche Gruftunter der Schlosskirche
Die Württembergische Königsgruft im Alten Schloss zählt mit ihren eindrucksvollen vollplastischen Marmorgrabmälern zu den authentischen Erinnerungsorten in Stuttgart. Fünf prominente Mitglieder der Königsfamilie sind hier unter der Schlosskirche bestattet: Neben König Karl von Württemberg dessen Gemahlin Königin Olga, ihre Adoptivtochter Wera und deren Gatte Eugen sowie deren im Alter von 10 Monaten verstorbene Sohn Eugen, genannt „Egi“.
Im neu gestalteten Vorraum informiert die Präsentation über die Beigesetzten und weitere Angehörige des Königshauses. Außerdem werden Totenkult und Bestattungen im Hause Württemberg thematisiert. Ein historischer Stadtplan zeigt, welche Spuren die Königinnen Katharina und Olga sowie Herzogin Wera in Stuttgart durch ihre wohltätigen Gründungen hinterlassen haben: Markante Einrichtungen in der Landeshauptstadt tragen bis heute die Namen der engagierten Frauen.
Blog-Artikelzum Alten Schloss
„Ein gut Theil Eigenheit“: Sonderausstellung über die Lebenswege früher Archäologinnen
Von der Ausgrabung über den Schreibtisch bis tief in ein Museumsdepot – Frauen sind und waren seit langer Zeit ein wichtiger Teil der Archäologie. Aber nicht immer konnten sie so arbeiten wie das heute möglich ist. Bis zum mehrzu „Ein gut Theil Eigenheit“: Sonderausstellung über die Lebenswege früher Archäologinnen
Von falschen Herzoginnen und der Macht der Ausstellung I Teil 2: Friederike Sophie Dorothea von Württemberg
Die Schausammlung „LegendäreMeisterWerke“ thematisiert im Durchgang von der Herzogs- zur Königszeit, an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, das vorletzte Herzogspaar: Friedrich Eugen (1732–1797), der jüngste Bruder Carl Eugens, regierte Württemberg ab 1795 für zweieinhalb Jahre. Seine mehrzu Von falschen Herzoginnen und der Macht der Ausstellung I Teil 2: Friederike Sophie Dorothea von Württemberg
Von falschen Herzoginnen und der Macht der Ausstellung I Teil 1: Franziska von Hohenheim
Am 16. Juni 1870 kaufte die Königliche Staatssammlung vaterländischer Kunst- und Altertumsdenkmäler ein „Bildniss […] in Oel gemalt“ an. Man zweifelte nicht, es mit „der Reichsgräfin v. Hohenheim (spätere Herzogin zu Würtemberg)“ zu tun zu haben und zahlte mehrzu Von falschen Herzoginnen und der Macht der Ausstellung I Teil 1: Franziska von Hohenheim
„Bitte anfassen“ – Eine inklusive Ausstellung im Landesmuseum Württemberg
Eiszeitkunst anfassen, geht das? Ja, denn seit dem 15. Dezember ist im Landesmuseum Württemberg die Ausstellung „Urformen. Eiszeitkunst zum Anfassen“ geöffnet. Ob Höhlenlöwe, Mammut oder tanzende Steinzeitfrauen: alle können an insgesamt fünf Stationen berührt und ertastet werden. Zwar mehrzu „Bitte anfassen“ – Eine inklusive Ausstellung im Landesmuseum Württemberg
„500 Jahre Bauernkrieg“ – Die Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2024/25 | Teil 6: „PROTEST! Von der Wut zur Bewegung“ –Fotowettbewerb „Utopien“
Die Große Landesausstellung „PROTEST! Von der Wut zur Bewegung“ ist Teil eines mehrteiligen Projekts im Rahmen des Jubiläums „500 Jahre Bauernkrieg“. Wir beleuchten in dieser Ausstellung das Thema Protestbewegungen, fragen nach ihren Gründen und Zielen. In dieser Erlebnisausstellung mehrzu „500 Jahre Bauernkrieg“ – Die Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2024/25 | Teil 6: „PROTEST! Von der Wut zur Bewegung“ –Fotowettbewerb „Utopien“