Sammlung Populär- und Alltagskulturdes Landesmuseums Württemberg
Über lange Zeit waren es nur die „schönen Dinge“ vergangenen „Volkslebens“, wie „ländlicher Putz“, „Bauernkrüge“, „Zunft- und Hausgerät“, die man glaubte erhalten zu sollen im Sinne einer nostalgischen Feier alter Handwerksherrlichkeit und bäuerlich-ländlicher Idylle. Für eine moderne Populär- und Alltagskultur sind vor allem die Zeugnisse des „Gebräuchlichen“ in der Massenkultur von Belang. An ihnen werden die dramatischen Umbrüche von der vorindustriellen Welt zur industriellen und postindustriellen fassbar.
Wertvolle Spezialsammlungen und die breite thematische Ausrichtung machen die Bestände der Populär- und Alltagskultur des Landesmuseums Württemberg zum Sachgedächtnis des württembergischen Alltags vom späten 18. bis ins 21. Jahrhundert. Die Gliederung orientiert sich an lebensweltlichen Themen und nicht an Material- oder Objektgruppen. Die Objekte können dabei mehreren lebensweltlichen Bereichen zugleich angehören. So treten bei ihrer Einordnung in der Alltagskultur also zwangsläufig Überschneidungen auf – wie im wirklichen Leben.
Bitte beachten Sie, dass aufgrund von Umzugs- und Sanierungsarbeiten bis 2026 keine Objekte aus der Populär- und Alltagskultur (Museum der Alltagskultur) verliehen werden. Sehen Sie bitte von Leihanfragen aus diesem Sammlungsbereich ab.
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"Bilderwelten – Weltbilder" meint als Sammlungsbereich nicht nur Bilder an der Wand, sondern auch eine Vielzahl anderer Alltagsdinge, in denen sich Anschauungen, Interessen, Bedürfnisse und Mentalitäten der Menschen bildhaft ausdrücken - in Bezug auf den Glauben oder profane Themen, in Bezug auf die eigene Biografie oder nahe und fremde Welten, ob in der Massengrafik oder im Kinderbuch, im Nippes oder im selbst gemalten Bild.
Objekte der populären Frömmigkeit sind hier ein besonders gewichtiger Sammlungsbereich. Zu den Schwerpunkten gehören als Zeugnisse protestantischer Glaubenswelt häuslicher Wandschmuck, private Andachtsbilder und -literatur. In der katholischen Frömmigkeitssammlung bilden die Krippen den Wandel von Haltungen und Gestaltungen vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart ab. Neben den Zeugnissen aus dem öffentlichen Raum finden sich auch solche zur katholischen Glaubenspraxis im Privaten mit häuslichen Altären und Heiligenfiguren, Reliquien- und Andachtsbildern.
Mit zahlreichen Trachten vom Schwäbischen Albverein und einigen Zukäufen wurde nach der Vernichtung des Erstbestands im Alten Schloss die Sammlung ab den 1960er Jahren wieder neu aufgebaut. Daneben besitzt das Landesmuseum Württemberg eine große Zahl von Fasnchtskostümen und -larven. Im volkskundlichen Textilbestand befinden sich weiterhin Kopfbedeckungen, darunter Hauben und Brautkronen aus dem 19. Jahrhundert, sowie Alltags-, Fest- und Brauchtumskleidung. Daneben sind Konfektionskleidung und Reformunterwäsche württembergischer Firmen sowie das Bleyle-Belegarchiv erwähnenswert.
Seit 1988 befindet sich das Bleyle-Belegarchiv im Landesmuseum Württemberg, darunter auch der begehrte Matrosenanzug. Ein Jahr später gelangten zahlreiche Belegstücke der Firma Benger in das Landesmuseum. Anhand der Produkte dieser beiden traditionsreichen württembergischen Firmen können wichtige Entwicklungen der Kleidung unter den Aspekten Hygiene, Körperbewusstsein und Körpermodellierung mit all den damit verbundenen Rollenvorstellungen dargestellt werden.
Wohnen tut jeder irgendwie: ob im reich dekorierten Kinderzimmerparadies, zur möblierten Untermiete oder in Wohnlandschaften. In der Möblierung von Lebensräumen drücken sich herrschender Geschmack und persönliche Vorlieben aus, gesellschaftliches Selbstverständnis, aber auch finanzielle Möglichkeiten - vor dem Hintergrund des allgemeinen Wandels von Gesellschaft, Wirtschaft und Technik.
Bemalte Möbel des 18. und 19. Jahrhunderts finden in der Sammlung ihr Gegenüber in industriell gefertigten Möbeln und Wohnaccessoires unserer Tage. Die vorhandenen Möbel spiegeln Kulturlandschaften, dabei sind nicht nur Einzelmöbel, sondern gesamte Wohnensembles vorhanden. Hierfür wurden komplette Wohnungen dokumentiert, abgebaut und gesammelt.
Die enormen Veränderungen der Arbeitswelt in den vergangenen 200 Jahren zeigen sich an den Werkzeugen, Geräten, Arbeitsplätzen und Produkten aus Landwirtschaft, Handwerk und Industrie. Auch Hausarbeit wird thematisiert. Hier kamen im 20. Jahrhundert die kleinen „elektrischen Helfer“ auf, als die Dienstmädchen verschwanden. Solche Wandelprozesse bilden sich anhand der Werkzeuge und Gerätschaften in den Beständen ab.
Auch in diesem Bereich wurden nicht nur Einzelobjekte in die Sammlung überführt, sondern ganze Ensembles. Verschiedenste Gewerke und Handwerkszweige traditioneller Prägung umfassen heute 30 Werkstätten bestehend aus 2.500 Objekten. Seit den 1980er Jahren wurden auf der Basis von streng dokumentarischen Ansätzen gezielt authentische Arbeitsplätze übernommen.
Das Industriezeitalter ist voll davon: Werbung, Markenartikel, Warenzeichen und attraktive Warenverpackungen. Industrieprodukte müssen an den Mann, an die Frau oder an das Kind gebracht werden. Letztendlich entstammt heutzutage der größte Teil der Dinge unserer Lebenswelt einschließlich der Nahrungsmittel aus dieser Warenwelt. Im Rückblick werden wichtige Entwicklungen und Wandlungen sichtbar und über Produkte, Verpackungen und Werbemittel greifbar gemacht. Der Wandel der Hygienestandards und -vorstellungen im 20. Jahrhundert ist genauso wie die Elektrifizierung und Elektronikentwicklung, die längst zum alltäglichen Umfeld gehören, in der Sammlung ablesbar. Der Herstellungsort Württemberg ist zwar ein wichtiges Teilkriterium, zentral sind aber vor allem die Nutzung im hiesigen Raum und die Modi des Handels, die auch in Ensembles wie dem Gemischtwarenladen Payer/Hochstetter oder den Möbeln des ersten Edeka-Selbstbedienungsladens gesammelt wurden.
Die Bestände zum Thema Freizeit beinhalten Komplexe zu Vereinskultur, Lesekultur, zu Wandern und Reisen, Festen, Partys, Musik, Sport, Freizeitgärten, Handarbeiten, Spielzeug und Bräuchen. Dabei bildet die Vereinskultur als bürgerliche Bewegung seit dem frühen 19. Jahrhundert die älteste Sammellinie. Neu in den Blick der Populär- und Alltagsultur kam die Arbeiterschaft mit ihrer Kultur und ihren Freizeitaktivitäten, die immer auch politische Implikationen hatten. Ende der 1970er/ Anfang der 1980er Jahre legte das Landesmuseum als erstes Museum in Süddeutschland eine Arbeiterkultursammlung von einiger Bedeutung an. Erkennt man die Freizeit als Sammelbecken kultureller Alltagsaktivitäten, so öffnet sich der Horizont von den Sängerbünden über die Wandervogelbewegung bis hin zur populären Musikkultur der Gegenwart. Kinderspielzeuge und -spiele, vor allem einfache und selbst gefertigte, werden genauso darunter gefasst wie Jugendkulturphänomene, Brauchaccessoires und die Fan-Kultur.
So genannte „Hurra-Kitsch“-Objekte wurde als Anti-Vorbildersammlung im Kaiserreich vom Landesgewerbemuseum zusammen getragen. Denn nicht selten war wilhelminischer Nippes sowohl geprägt von nationalem Pathos als auch von zeittypischen Vorstellungen von Humor und gefälliger Dekoration. Doch nationale Symbole sollten nicht auf diese Weise verballhornt werden, das wollte man damals mit dieser heute einzigartigen Kollektion vor Augen führen.
In jüngerer Zeit wurde und wird verstärkt Wert auf Gegenstände gelegt, die als Zeitzeugen für historische Ereignisse fungieren können. Sammlungsgeschichtlich bringen Zeitzeugen-Objekte eine neue Dimension an Authentizität mit sich. Diese sprechen allerdings nicht in allen Fällen durch ihre Gestalt als vielmehr durch ihre zeitgeschichtlichen Bezüge und die mit ihnen verbundenen persönlichen Geschichten. So existiert z. B. ein Fahrrad, das von den 40 D-Mark Erstausstattung der Währungsreform 1948 gekauft wurde. Flaschen mit eingedünsteten Johannisbeeren von 1943 verweisen auf den Frauenarbeitsdienst im Nationalsozialismus. Das Kopftuch der Lehrerin aus dem sogenannten Kopftuchstreit der 1990er Jahre ist Zeitzeuge für die Auseinandersetzungen um islamisch-religiöse Symbolik im baden-württembergischen Schulalltag.
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